
Zwei Charaktere in Amerika
Unsere Dokumentation zu Henry Kissingers Eitelkeit und Leere (»vanity«) ist mit einer prompten und bitteren Zuschrift beantwortet worden, die uns ein Absolvent von West Point zugeschickt hat. »Thank you for all of the documents. And thank you for
spreading the word in Germany about Kissinger. I deeply regret that the U.S. Military Academy at West Point, of which I am a graduate, gave its most distinguished award to Kissinger last year. The Sylvanus Thayer Award is supposed to be presented to someone ‘whose outstanding character, accomplishments and stature in the civilian community embody characteristics in
consonance with West Point`s motto Duty, Honor, Country.’ I am attaching a copy of his acceptance speech. In 1962 the same award was given to General MacArthur. Kissinger refers to MacArthur`s speech and, for sake of comparison, I attach it as well.« Es war schon vor mehr als zwei Jahrzehnten verblüffend und
pervers genug zu vernehmen, daß der amerikanische Außenminister Kissinger ausgerechnet den Friedensnobelpreis zugesprochen erhielt. Noch merkwürdiger war, daß der westdeutsche Bundeskanzler Brandt (- dessen »Ostpolitik« kein anderer als Henry Kissinger so schwer wie nur irgend möglich behindert hat und dessen Einspruch verhinderte, daß im Oktober-Krieg des Jahres 1973 der westliche Teil Deutschlands zu einem Flugzeugträger für den Luftwaffennachschub in einem
Krieg degradiert wurde, den der Außenminister mindestens billigend und fördernd in Kauf genommen hatte -), diese Ehrung daraufhin nicht umgehend zurückgegeben hatte. Wer nun aber die beiden Dankesreden vor dem Auditorium von West Point liest, insbesondere auch die letzten beiden Abschnitte der Ansprache Kissingers, kann ohne Mühe gewahr werden, daß Sir Heinz Alfred mehr ein Heuchler als ein Meuchler, eher der Dummheit als dem Verbrechen verfallen sein muß, weil
er vielleicht die Rede von MacArthur gelesen, aber weder eine Ahnung von den »custodians of the Nation`s defense« noch von dem »American man-at-arms« mitbekommen hat. Weswegen es ihm auch immer leichtfiel, so viele Menschenleben in nicht einem gewonnenen Krieg zu opfern – als wären es lediglich zusammengepreßte Haufen von Hessen. Es ist darum auch ein trauriges Zeichen vom Verfall der amerikanischen Institutionen, wenn die ehrwürdigste
Militärbildungsanstalt der amerikanischen Republik einem Mann den Thayer Award verleiht, der nie etwas anderes als Kabinettskriege gelernt und (schlecht) verstanden hat. Man muß fragen, ob eine solche Militärakademie sich mit Ausbildungszielen vertraut zu machen beginnt, die selbst hinter die bescheidenen Anfänge der Clausewitzschen Militärakademie zurückfallen. Was allerdings Sir Heinz angeht: Die Washington Post hatte auf
die bislang nur in Nischen begonnene Untersuchung von dessen Untaten folgende Schlagzeile zum Besten zu geben: »Leave poor Henry alone – he`s such a nice dinner guest.« Die Washington Post hat`s vielleicht richtig getroffen, nur leider mehr als 30 Jahre zu spät. Hätte man diese Aufforderung in den 60er Jahren Nelson Rockefeller hinter den Spiegel gesteckt, so wäre daraus vielleicht eine unschädliche und unaufhörliche
Bewährung des Heinz Alfred als stets unvermeidlicher Partygast und Unterhaltungstalent geworden. Noch amüsanter hätte man es finden können, wenn Sir Henry in einen permanenten Wettstreit mit Sir Peter Ustinov (der die Scheusale lediglich dargestellt hat) getreten wäre - statt in einen postumen und morbiden mit Clemens Fürst von Metternich. SvZ  |