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35. Jahrgang InternetAusgabe 2001
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Als Hessen noch vorn war...
Zum 100sten Geburtstag Georg-August Zinns

 

 »Landesväter« und »Landeskinder« waren in der Geschichte Gestalten des Verhältnisses von Herr und Knecht, die von der neugegründeten Republik in Westdeutschland überwunden worden sein sollten. Gleichwohl kennzeichnet die Bezeichnung »Landesvater« in überhaupt nicht archaisch-autoritärer Bedeutung diesen einen Mann, Georg-August Zinn (27. Mai 1901 - 27. März 1976), vortrefflich.

 Das Gedenken eines solchen »Landesvaters« zu ehren und zu würdigen gelingt vielleicht am besten, wenn man sich an den Moment erinnert, da man diesem Menschen, der ein Gründervater nicht nur des neuen Hessen, sondern auch der Bundesrepublik Deutschland war, durchaus rotznäsig-kindlich Dank wußte. Möglich, daß es sogar Momente im Leben eines jungen Gymnasiasten im Hessen der sechziger Jahre gegeben hat, in denen das Vorbild des Landesvaters vertrauenerweckender, aufrichtiger und bildender war als das des eigenen, leiblichen Vaters.

  Das spricht für Hessen (damals), seinen Ministerpräsidenten, beider Vorbildhaftigkeit im Bildungswesen; dort wurde nicht nur die Erziehung des Volkes wichtig genommen, sondern auch genügend zu unternehmen vermocht, um den »wissenschaftlichen Ruf« der Schulen zu wahren und zu mehren. Ja, es war sogar möglich, in diesen Schulen mit einiger Mühe und Bescheidenheit zu solcher Sicht der Welt aufzuschließen:

»So umfaßt ein Weltgemälde in wenigen Zügen die ungemessenen Himmelsräume, wie die microscopischen kleinen Organismen des Thier- und Pflanzenreiches, welche unsere stehenden Gewässer und die verwitternde Rinde der Felsen bewohnen. Alles Wahrnehmbare, das ein strenges Studium der Natur nach jeglicher Richtung bis zur jetzigen Zeit erforscht hat, bildet das Material, nach welchem die Darstellung zu entwerfen ist; es enthält in sich das Zeugnis ihrer Wahrheit und Treue. Ein beschreibendes Naturgemälde wie wir es in diesen Prolegomenen aufrollen, soll aber nicht bloß dem Einzelnen nachspüren; es bedarf nicht zu seiner Vollständigkeit der Aufzählung aller Lebensgestalten, aller Naturdinge und Naturprozesse. Der Tendenz endloser Zersplitterung des Erkannten und Gesammelten widerstrebend, soll der ordnende Denker trachten, der Gefahr der empirischen Fülle zu entgehen. Ein ansehnlicher Teil der quantitativen Kräfte der Materie oder, um naturphilosophischer zu reden, ihrer qualitativen Kraftänderungen ist gewiß noch unentdeckt. Das Auffinden der Einheit in der Totalität bleibt daher schon deshalb unvollständig. Neben der Freude an der errungenen Erkenntnis liegt, wie mit Wehmuth gemischt, in dem aufstrebenden, von der Gegenwart unbefriedigten Geiste die Sehnsucht nach noch nicht aufgeschlossenen, unbekannten Regionen des Wissens. Eine solche Sehnsucht knüpft fester das Band, welches nach alten, das Innerste der Gedankenwelt beherrschenden Gesetzen, alles Sinnliche an das Unsinnliche kettet; sie belebt den Verkehr zwischen dem, >was das Gemüth von der Welt erfaßt, und dem, was es aus seinen Tiefen zurückgiebt<.«

Alexander von Humboldt, Kosmos, Band I

 Solche Augenblicke des »Gemüts« kann nichts besser in Erinnerung hervorrufen als die »Festschrift zum 75jährigen Bestehen der Wilhelmschule (in Kassel) und zur Einweihung des Neubaus«. PGS