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35. Jahrgang InternetAusgabe 2001
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Weltwirtschaft

 

Geschichte der Weltwirtschaft und ein Bindestrich

 Das weltweite Unbehagen an der “Globalisierung” mit seinen eruptiven Ausdrucksformen würde vollends verfehlen, sich seines Gegenstandes zu vergewissern, wenn es von den propagandistischen Urhebern dieses Unbegriffes die Annahme ungeprüft übernähme, diese Entwicklung sei erst in den letzten zehn Jahren zum Vorschein und durchdringender Geltung gekommen.

 Diese Annahme beruht vorwiegend auf der beschränkten Wahrnehmung von Wertpapier- und Geldhändlern. Eine “globalisierte” Rezession oder gar Depression der realen Wirtschaft wird diese darüber belehren, daß es eine Weltwirtschaft schon gab, bevor sie an ihren Monitoren die Oszillationen des fiktiven Kapitals rund um die Uhr anstarren konnten.

 Daß die Stürmer und Dränger von Genua sich gegen ein weltumgreifendes System der Aneignung und Ausbeutung erheben, läßt sie vielleicht über kurz oder lang zu einer “sozialen Bewegung” anwachsen. Noch haben sie aber nicht bemerkt, daß sie lediglich, wenn überhaupt etwas, dann die Sturmvögel einer globalen Akkumulationskrise und eines vollends bankrotten Geld- und Eigentumssystems vor seinem Kollaps sein können. Steuern auf Devisentransaktionen reizen zum Lächeln, wenn die Eigner der internationalen Vermögen und ihre Fondsmanager sich heute ratlos fragen müssen, wohin sie noch ihre Devisen transferieren können, ohne dabei die bisherigen Anlagegewinne zu verlieren, und darüber hinaus und gleichzeitig nicht wissen, in welcher Währung denn heute noch mit Anlagen Gewinne zu erwarten sind.

  Es ist uns, ob von Marxisten oder “bürgerlichen” Akademikern, beigebracht worden, daß dieses Weltsystem von Europa seinen Ausgang nahm und je und je sich nach eurozentrischen Axiomen entwickelt hat - wie auch seine Krisen nur mit eurozentrischen Methoden und Zielen behoben worden seien.

 Nicht nur wird die kommende Weltwirtschaftskrise weder von Europa noch den Vereinigten Staaten aus zu überwinden sein, am Ende einer jahrhundertelangen Periode der europäischen Hegemonie ist der Moment gekommen, zu bestreiten, ob überhaupt der Aufstieg Europas und die Entstehung der Weltwirtschaft ein und dasselbe sind - oder ob Europa nur Teil eines bereits vor seinem Aufstieg bestehenden globalen ökonomischen Systems geworden ist, das seinen Schwer- und Mittelpunkt in Asien hatte, von dem Europa geographisch, aber auch kulturell, nur ein kleiner Auswuchs ist.

  In einer freundschaftlichen Auseinandersetzung mit Immanuel Wallerstein aus Anlaß einer Festschrift für den Welt-Systemforscher gibt Andre Gunder Frank eine knappe Darlegung der Differenzen, die sich unter den Erforschern der Welt(wirt)schaftsgeschichte und des Weltsystems ergeben haben. Darin erläutert er sowohl die Fragestellungen, die ihn zu seinem Buch reOrient gedrängt haben, als auch die Frage, warum ein gesetzter Bindestrich (Welt-System) und das Fehlen eines solchen (Weltsystem) den Gegenstand der Forschung  ums Ganze verändern können. (SvZ)

Immanuel and me with-out Hyphen