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35. Jahrgang InternetAusgabe 2001
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Die Logik des Plans

als Weg zur Wahrheit des spekulativen Empirismus

 

Vorbemerkung zu einer philosophischen Abhandlung aus dem Universum des Euphorion Verlags Hans Imhoff

von Peter G. Spengler

 Vor kurzem hat ein weltberühmter Romanautor sein Unternehmen als Mißerfolg abgebrochen, das weltweite Kommunikationsgewebe Internet in einen Weltmarkt für sein Kommunikationsgewerbe zu verwandeln. Sein Roman in Fortsetzungshappen, der Versuch, den Spannungsbogen einer Erzählung so zu zerteilen und aufzubrechen, daß einzelne Abschnitte daraus zu Warendingen für die Bezahlbarkeit und die Zahlungsbereitschaft seiner angenommenen Leser werden könnten, ist gescheitert, weil er seine eigene (des Autors) Unwiderstehlichkeit untergraben hat. Denn es wird berichtet, daß es unmöglich sei, von diesem Bestsellerkönig nicht gefesselt zu werden. Das kann ich nicht widerlegen, weil ich noch kein Buch von ihm gelesen habe. Manche Bildungslücken gönnt man sich halt.

 Nun, Fortsetzungsromane oder -erzählungen passen vielleicht in die Tageszeitung, wo ja noch einige andere Nachrichten und Inhalte mitbezahlt werden, aber wohl kaum als auf den Inhalt eines Buches angewandtes Experiment des elektronischen Handels.

 Der Verleger als soziale Urgestalt des Handelskapitalismus konnte in mehr als 400 Jahren Daseinsgeschichte sich deswegen als Institution Dauerhaftigkeit erwerben, weil er aus Teilen der Arbeitsvermögen und -ergebnisse in der Herstellung ein Produkt-Ganzes zu einer einzigen Ware für die Verwertung seines Kapitals verwandelte (bzw. verwandeln ließ) und bei der Distribution als Realisierung seines Kapitals zwingend darauf achten mußte, daß sein Tauschpartner ein (und nur ein ganzes) Gut erwarb. Im gelungenen Fall der Realisierung war und ist dies dann auch der Austausch von Inhalten, die der Ware Buch als Geheimnis eingeschrieben sind, dessen Auflösung der Käufer nur als Leser in einem von ihm selbst bestimmten zeitlichen Kontinuum hervorbringt, als eine nicht unterbrechbare Tätigkeit des unablässigen Vorstellens, wie uns dies Leibniz in seiner Monadologie beschreibt.

 Wenn also der Bestsellerkönig diese Regel verletzt und das Gewebe mit dem Gewerbe verwechselt, muß einen das nicht weiter kümmern. Einen Dichterkönig schon gar nicht, weil er mehr von Inhalten und wie sie wirken weiß, als es die Millionen Dollar, die ein Bestsellerkönig gescheffelt haben mag, aufwiegen können.

  Gewiß, eine Produktion für den Weltmarkt als einer Tauschsphäre ist das Werk von Hans Imhoff allemal nicht. Was könnte auch der Markt der Meinungen, der Waren und der zahlungsfähigen Nachfrage zum Tausch anbieten gegen ein Werk, eine Arbeit, deren Inhalt und Gestalt die qualifizierte Vernichtung der Ware auch schon immer gewesen ist? In dieser Hinsicht gilt dem Euphorion Verlag eine Zurkenntnisnahme von Imhoffs Schaffen aus Sicht irgendeiner Totalen kaum etwas - diese Art von Öffentlichkeit ist, richtig verstanden, nicht das Ziel dieses Unternehmens.

 Wie sich die Tätigkeit dieses Verlages im allgemeinen und die »Logik des Plans« im besonderen dem Weltganzen mit den Kategorien des spekulativen Materialismus annähert, ließe sich mit zwei Zitaten als Einführungssprüchen paraphrasieren. Eines davon findet sich in Nikolaus von Kuesens Abhandlung über den Geist »De Idiota de Mente« aus dem (Jubel-)Jahr 1450:

»Die angeborene Frömmigkeit, die diese unzählbare Volksmenge in diesem Jahr nach Rom herbeigeführt und dich, den Philosophen, in heftiges Staunen versetzt hat und die immer in der Welt in Verschiedenheit der Weisen sichtbar geworden ist, zeigt, daß uns von Natur die Unsterblichkeit unseres Geistes eingegeben ist, so daß uns die Unsterblichkeit unseres Geistes aus der allgemeinen unbezweifelten Behauptung aller bekannt ist wie die Menschlichkeit unserer Natur. Wir haben nämlich kein sichereres Wissen davon, daß wir Menschen sind, als davon, daß wir einen unsterblichen Geist haben, da das Wissen von beidem allgemeinste Behauptung aller Menschen ist.«

 Die zweite Paraphrase findet sich in dem in Kürze erscheinenden, von Frank Selten herausgegebenen Vielsprachenbuch, in dessen Vorwort zum Beispiel folgende Sätze enthalten sind, wo ihm ein Gesprächspartner einige Gedanken zur Leibnizschen Monadologie erläutert:

»Irgendwann fand er bei Leibniz Ideen, Begriffe und Gedankengänge, die ihm zumindest Klarheit darüber eintrugen, wieviel er an Deutlichkeit und Klarheit gewinnen könnte, wenn er nur die Leichtigkeit und Strenge des Leibnizschen Denkens verstehen und sich anverwandeln könnte. Die Leichtigkeit und Deutlichkeit, schrieb er in seinem Brief, findest Du beispielsweise in dieser Bestimmung:
 

>Außer dem Prinzip der Veränderung aber muß es da noch etwas Besonderes in dem, was sich ändert, geben, welches sozusagen die besondere Art und die Vielfalt der einfachen Substanzen ausmacht.<

Und hier liege der springende Punkt dafür, daß sich Leibniz seiner als Medium bedient.

»Mitten hinein in das Nachsinnen über Leibnizsche Gedanken und seine Monadologie traf die Logik des Plans als eine Folge von Essays und begnadeten Impromptus über eben die Probleme, die sich mir verworren vor, während und nach der Lektüre von Leibniz stellten, als Geschenkgabe einer Monade ein, die sich schon klarere und vor allem geschultere Gedanken über dieselben Zusammenhänge erarbeitet hatte.

Ich hegte nicht die geringsten Zweifel daran, daß in diesem Büchlein genau der Kern dessen ausgearbeitet war, was Leibniz mit seinem zwölften Satz und der darin enthaltenen Bestimmung aufgestellt hatte. Und dieser Satz ist eine der Summen seiner Theodizee. Nachdem ich einige der Darlegungen in Hansens Büchlein über den spekulativen Materialismus verinnerlicht hatte, war mir auch klar, wie ich die Bewußtseinsvoraussetzungen eines Paradoxes zu benennen haben würde, mit denen ich mich seit langem beschäftigt hatte und die ich in Abrissen, schlecht und recht, in unserm Freundeskreis darzustellen versucht habe: als spekulativen Empirismus.

Es sind dies die Bewußtseinsvoraussetzungen, die ein globales System logisch-dynamisch (nicht sozial!) unter den Bedingungen buchgeld-kapitalistischer Selbstverzehrung beliebig lange fortbestehen lassen, während der Reproduktionsprozeß der (welt-)gesellschaftlichen Arbeit (die menschliche Tätigkeit im Universum), das heißt die Menschheit als konkretes Allgemeines zugrundegeht. Für mein Verständnis hatten aber auch die Essays von Hans dargetan, daß der sich betätigende spekulative Materialismus und die Logik des Plans ihren raumzeitlichen Ort nur da haben können, wo in der menschlichen Geschichte noch alle Erkenntnisse, Entdeckungen und Erfindungen als Besonderheit des Wechselnden geschaffen worden sind: im Geist des Individuums, im Selbst.«

 Der Leser soll also hier das Ganze des Inhalts erhalten - freilich kaum als Geschenk. Zumindest dürften diejenigen schwer zu finden sein, die einen erst zu erarbeitenden Inhalt schon für ein Geschenk ansehen, das man greifen und gebrauchen kann. Bei diesem Essay geht es aber um Ergreifen und Begreifen. Doch von der höheren Warte des Olymps aus betrachtet ist diese Arbeit nicht viel schwieriger ( - und obendrein einträglicher - ) als es zum Beispiel für Alan Greenspan wäre, den logischen Zusammenhang der Weltfinanz und aller ihrer Ableitungen (»Derivate«) greifbar und begreifbar zu handhaben.